Sonntag, 10. Januar 2010

Rezension: Die Tore der Welt

Glück und Unglück

Leicht war das Leben im Mittelalter ganz gewiss nicht. Drohendes Ungemach all über all: Krankheiten, Überfälle, die Willkür der Adligen. Zwischendurch immer wieder mal Lichtblicke, die hoffen lassen, doch gut über die Runden zu kommen. Aber was immer passiert, passiert. Dafür sorgen die sechs Ereigniskarten, die in jeder der vier Runden aufgedeckt werden. Die prägen das Spiel. Als Spieler muss man schon eine Portion Demut mitbringen, das Ereignis und die Erträge der Karte zu akzeptieren. Aber man kann auch ein bisschen vorbauen: Geld hilft fast immer, ebenso wie Frömmigkeit (Kreuze) und Nahrungsmittel (Getreide). Auch eine gewisse Loyalität zum König (Kronen) ist hilfreich, genauso wie medizinisches Wissen (Bücher). Aber immer steht man unter der Knute der Ereignisse und der Abgaben nach jeder Runde. Die nicht aufbringen zu können, ist bitter. Jeder Schuldner wird hart bestraft. Also wird jeder sich bemühen, die erforderlichen Kreuze, das Getreide und ausreichend Geld anzuhäufen. Nur leider kommt man damit dem Sieg nicht näher.
Man muss sich schon kümmern … um seine Beteiligung an den Bauprojekten, die nach und nach über die Ereigniskarten ins Spiel kommen. Das ist aber nicht die einzige Möglichkeit, Siegpunkte einzuheimsen. DIE TORE DER WELT bietet reichlich Stellschrauben: Häuserpacht, die Heilung von Pestkranken, das Ummünzen von Kreuzen, Büchern und Kronen in Punkte. Man kann viel, ist aber doch auf sechs seiner zwölf Aktionskarten beschränkt. Der Rhythmus ist immer gleich: Eine Karte ausspielen, eine weglegen … Und man weiß nie so genau, ob man die eine weggelegte Aktionskarte vielleicht später besser gebrauchen könnte.
Das Spiel ist hart. Und ist die Not am größten, spielt es sich besonders anspruchsvoll. Wenn fast alles knapp ist, wenn die Wirtschaft danieder liegt, es kaum für die Abgaben reicht, dann entfaltet DIE TORE DER WELT seinen ganzen Charme, dann taucht man wirklich ein in die Welt des Mittelalters. Aber nicht alle gehen mit ins Mittelalter, einigen wird es dann doch zu beschwerlich, zu negativ. Man kämpft nur an, gegen alle Unbill, gegen Ungerechtigkeiten und Ohnmacht. Kann passieren … muss man dann aber auch in Demut schlucken. Das Leben im Mittelalter kann sich aber auch im nächsten Augenblick wieder von seiner schönsten Seite zeigen, wenn alles wie geschmiert klappt. Und die Zukunft wird zeigen, ob es nicht doch noch für das Prädikat „+++++ geht immer“ reichen wird.

Wolfgang Friebe

DIE TORE DER WELT von Michael Rieneck und Stefan Stadler für 2 bis 4 Personen, Kosmos 2009

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